Dr. Iris Menn (Vorstand FORWAC) in Ulamba/Kenia

Lesen Sie hier den Reisebericht:

DER DUFT VON KENIA WARTET

Der Rucksack ist gepackt. Morgen Abend geht es endlich wieder los nach Kenia; auf zu den Kindern in Ulamba!

Unsere Partnerin von FORWAC Kenia, Margaret Okello, wird mich in Kisumu abholen und dann warten zehn Tage mit vollem Programm auf uns. Wie auch bei meinem letzten Besuch, werde ich einige der FORWAC-Kinder in ihren Schulen besuchen und schauen wie es ihnen geht. Natürlich warten auch die kleinen Schulkinder in unserer FORWAC-Vorschule auf mich. Mit dem Elternbeirat wollen wir weitere Pläne schmieden und hoffen unseren Grundstückkauf abschließen zu können. Es gibt also Einiges zu organisieren.und die Tage werden sicher nicht langweilig.

Ich werde weiter berichten und freue mich nun erst einmal auf den typischen Duft Kenias, wenn sich die Flugzeugtüren öffnen.

ENDLICH WÄRME

Angekommen! Ein schönes Wiedersehen mit Margaret am Flughafen von Kisumu und jetzt weiß ich wieder, wie sich Wärme anfühlt! Nach einer Stunde Fahrt durch die Abenddämmerung und in wenigen Minuten einfallende Dunkelheit sind wir bei Margaret in Ulamba angekommen. Dort erwarten uns schon Jessica, Margaret, Lilian und Kevin – vier Kinder, die Margaret bei sich aufgenommen hat. Sie haben gekocht: Reis, Ugali (Maismehl mit Wasser zu einem festen Brei gekocht), Skuma (gleicht unserem Grünkohl) und Fleisch in einer Soße. Ein traditionelles Essen. Und eigentlich die täliche Mahlzeit, wobei das Fleisch meist fehlt. Es gibt viel zu erzählen und wir verbringen einen schönen Abend bei dem wir in Swahili, Luo, Englisch und Deutsch durcheinander reden uns aber doch verstehen. Am Ende kann ich die Augen kaum noch aufhalten und falle müde ins Bett.

Nach einer erholsamen Nacht haben wir heute unsere FORWAC-Vorschule besucht. Einige der Kinder haben mich durch die Hecke entdeckt und ihre Stimmen werden lauter. Aufgeregt teilen sie ihre Entdeckung, laufen auf mich zu und scharren sich dicht in einem Kreis um mich herum. Sie schubsen, drängeln und alle wollen die Ersten sein, die meine Hand nehmen. Andere bleiben in sicherer Entfernung stehen und beobachten mich skeptisch. Plötzlich spüre ich ein streicheln an der Wade: da hockt ein kleines Mädchen und überzeugt sich ob die Hautfarbe wirklich nicht angemalt ist.

Mittlerweile sind es rund 60 Kinder in unserer kleinen Vorschule, aufgeteilt in zwei Lernstufen: „baby class“ und „middle class“. Wir haben einen dritten Lehrer eingestellt, aber nicht mehr genügend Stühle und Tische. Die Kinder sitzen zum Teil auf geliehenen Kirchenbänken und schreiben gebeugt nach rechts oder links auf dem Nachbarplatz. Das geht so nicht und ist das Erste was wir in den nächsten Tagen angehen müssen. Auch die Tafel fällt fast auseinander. Einmal wird eine Reparatur noch helfen, aber langfristig wird eine Neue nötig sein.

Margaret und ich sitzen am Tisch und schreiben unsere Liste für die nächsten Tage zusammen.


TRÄUME

Wir mieten uns ein Auto und besuchen Sharon, Clifone und Edwin. Drei Kinder, für die wir den Besuch von Internaten – so genannten „Boarding Schools“ – ermöglichen. Sharon und Edwin sind Vollwaisen und die Familie von Clifone ist zu arm, um ihm eine Schulausbildung zu finanzieren.

Sharon habe ich schon im letzten Jahr getroffen und sie erzählt mir von ihrem vergangenen Schuljahr. Ihr Klassenlehrer hat gewechselt, sie mag derzeit Geschichte am liebsten und noch immer will die Anwätin werden. Und später vielleicht, so verrät sie mir: Politikerin. Ihre Noten sind in allen Fächern gut, außer in Mathe da hängt es. Irgendwie hat sie dort besonders Angst vor den Prüfungen. Wir sprechen mit ihrem Mathe-Lehrer, der auch der Klassenlehrer ist, und vereinbaren die Finanzierung einer Nachhilfe bis zum Ende dieses Schuljahrs im Juli. Zwei Mathe-Bücher notieren wir uns ebenfalls, um sie für Sharon zu besorgen.

Clifone’s Liebingsfach ist Französisch. Sein Traum: Frankreich. Er erzählt mir, dass sein Schultag morgens um 3.30 beginnt und abends um 22:00 endet. Eine kurze Nacht, sieben Tage die Woche. Ein anderes Schulleben, als wir es kennen. Edwin möchte gerne Wirtschaft studieren, am liebsten hier Zuhause in Kenia.

Mit jedem der drei bleiben uns nur eine halbe Stunde, denn Samstags ist ganz normaler Schultag und kein offizieller Besuchstag. Einen solchen gibt es nur ein bis zweimal im Schuljahr und die Lehrer sind strikt. Wir bekommen trotzdem die Ausnahme für einen kurzen Besuch und wollen diese nicht überreizen. Denn im nächsten Jahr wird es wieder nötig sein. Es ist gut die Kinder zu sehen und zu hören wie es ihnen geht.


EIN FEST

Wir organisieren kurzfristig ein kleines spontanes Fest für die FORWAC-Kinder in Margaret’s Garten. Wir leihen Stühle, die hochgestapelt auf einem Moped gebracht werden und organisieren eine Musikanlage. Auch diese kommt auf einem Moped. Dann kaufen wir Geschirr, was nach diesem Tag in den Bestand der FORWAC-Vorschule übergeht. Denn solche Veranstaltungen wird es in Zukunft häufiger geben. Danach gehen wir auf den Markt um Reis, Bohnen, Zwiebeln und Tomaten für das Essen zu besorgen. Abends sitzen wir zu viert am Tisch und sortieren aus drei Kilogramm Bohnen die Schlechten heraus. Ich erzähle „Aschenputtel“ und die Zeit wird nicht wirklich lang.

Am nächsten Tag füllt sich ab mittags aus allen Richtungen der Garten. Einige der Kinder kommen mit Mutter, andere mit Großmutter, Tante oder Bruder. Eben derjenige, der derzeit für sie Sorge trägt. Die meisten der Kinder kommen allein. Insgesamt haben wir am Ende über 40 Gäste bei uns. Gut, dass wir genügend Reis und Bohnen gekocht haben!

Dann gibt es kurze Reden von Margaret und mir und im Anschluss sprechen einige der Erwachsenen, aber auch der Kinder. Sie erzählen die eigene Lebenssituation und danken für die Unterstützung durch FORWAC. Für mich aus Deutschland ist es ein sehr formeller Ablauf und ich bin erstaunt wie geduldig die Kinder sind. Aber es ist ein Ablauf, so wie er in Kenia üblich ist.

Es ist schön für mich so viele Kinder auf  „einem Haufen“ zu sehen und als der formelle Teil endlich zu Ende ist gibt es Essen. Die Kinder lösen sich von ihren Sitzen und wir reden und lachen. Ich mache Fotos von Ihnen, die sie sich mit Faszination immer wieder anschauen. Und dabei verschämt oder erstaunt sind und Witze über sich selbst und andere machen. Einige sprechen mich direkt an, andere halten sich eher zurück.

Wir haben einen schönen Nachmittag. Ein gelungenes, kleines Fest!

REPARATUREN

Zunächst ein Dank an alle Spender, die unser Projekt unterstützen! Wir würden Sie gerne über die Fortschritte aktuell informieren.

Um unseren Newsletter zu erhalten, senden Sie uns eine Email an folgende Adresse: info@forwac.de

Die zwei Tafeln in der FORWAC-Vorschule haben sich von ihrem Rahmen gelöst und sind eher grau als schwarz, so dass die Schrift nicht mehr gut zu lesen ist. Eine Reparatur ist dringend nötig und so kaufe ich Nägel und Farbe. Patrick hämmert und streicht. Nun strahlt die weiße Kreide wieder auf der schwarzen Tafel und das Lesen fällt deutlich leichter. Nur ein Schwamm zum Wegwischen des Angeschriebenen fehlt noch. Wir werden hoffentlich heute auf dem Markt fündig. Auch eine Glocke, um den Anfang und das Ende der Pause einzuläuten und nicht rufen zu müssen, werden wir suchen.

Gestern war „School Education Day“ in der Oberschule von Linda und Victor – zwei FORWAC-Kinder. Ein Tag, der einmal im Jahr stattfindet. Es werden die Eltern eingeladen und die Schule präsentiert wie gut sie, ihre Lehrer und ihre Schüer im Verhältnis zu den anderen Schulen im Bezirk abschneidet. Es gibt lange Reden, die Schüler präsentieren ihre Klassen und Gäste wie Eltern sind aufgerufen für die Schule zu spenden – Bücher oder Geld.

Immer wieder in den Reden werden speziell die Mädchen angesprochen. Sie werden ermuntert zu lernen und eine Ausbildung anzustreben. Vor allem werden sie ermahnt nicht schwanger zu werden und Sex nicht mit Liebe zu verwechseln. Die Lehrerinnen machen an ihrem eigenen Beispiel deutlich, dass auch Frauen das Potenzial haben auf die Universität zu gehen und nicht nur für Heim und Herd geschaffen sind. Frühe Schwangerschaften und Abbruch der Schule oder Ausbildung sind bei Mädchen keine Seltenheit. Noch fehlt in der Gesellschaft das Verständnis, dass Frauen gleichberechtigt sind. Und so fehlt auch vielen Frauen das Vertrauen in die eigene Stärke.

In den Gesichtern der Schüler und Eltern steht die Frage „Wer ist diese weiße Frau?“ und so werde auch ich zu einer kleinen Rede aufgefordert. Ich nehme das Thema Frauen und Ausbildung auf und erzähle ein bisschen aus meinem Leben und wie es mich genau an diesen Platz, zu dieser Zeit verschlagen hat.

ABSCHIED

Mein Besuch in Ulamba geht zu Ende. Die letzten, dringenden Dinge werden noch besprochen. Wir verhandeln mit dem Tischler wegen Stühlen und Tischen für die FORWAC-Vorschule und lassen uns ein Probe-Exemplar zeigen. Es sieht gut aus und sobald wir die Kosten finanziert haben, können wir den Auftrag erteilen. Die Kinder werden sich freuen!

Dann steht für mich noch eine Lehrstunde in der Küche an. Margaret will mir zeigen wie man „Mandazi“, ein süßes Teiggepäck ähnlich unserem Schmalzkuchen, macht. Margaret Akinyi ist neben Jessica, Kevin und Lilian eines der Kinder, die im Haus bei Margaret Okello – unserer Partnerin in Ulamba – wohnen. Margaret ist 22 Jahre und macht eine angewandte Lehrerausbildung. Das heißt sie arbeitet als Lehrerin – und zwar bei uns in der FORWAC-Vorschule – und besucht gleichzeitig das College in Siaya. Margaret ist eine tolle junge Frau, die ihren Traum – Lehrerin – fest vor Augen hat und dafür kämpft. Ihre Eltern konnten eine Schulausbildung für sie nicht finanzieren, so dass Margaret FORWAC um Unterstützung bat. Mit dieser Hilfe beendete sie 2010 die Oberschule. Nun ist sie in der Ausbildung.

Die Kochstunde beginnt: Mehl, Ei, Margarine, öl, Zucker….kneten, kneten….rollen, rollen…kleine Vierecke schneiden….im heißen öl braten… Der Duft lockt die anderen aus den Zimmern. Wir genießen Tee mit den warmen Mandazi!

Ich packe meine Sachen zusammen. Margaret und Jessica begleiten mich zum Flughafen in Kisumu. Der Abschied fällt schwer, aber es ist klar: ich komme zurück.